40 YEARS OF TOTAL MAYHEM

„Wie kommt man eigentlich als Oberfranke zu einer Band wie der Spencer Davis Group?“ Das dürfte die Frage sein, die mir in den letzten fünfzehn Jahren wohl am meisten gestellt worden ist. Und das zu recht. Schließlich gibt es nicht viele Menschen, denen sie überhaupt gestellt werden kann. Es kann sogar gut sein, dass ich als Oberfranke der einzige auf diesem Planeten bin.

 

Um sie zu beantworten: Zunächst braucht man da zur Organisation und Vermittlung jemanden wie meinen alten Freund und Kupferstecher Bernie Zylka, seines Zeichens Tourmanager, King Of The Road und König der Autobahnen. Also, jemanden, der sich zur rechten Zeit am rechten Ort befindet und Sachen in die Wege leiten kann. Denn sicher ist nur, dass sich so etwas nicht planen lässt. Man könnte genauso gut versuchen, aus dem Stand zum Mond zu hüpfen, ein Kamel durch ein Nadelöhr zu stopfen oder einem Politiker ein wahres Wort abzuringen, wenn einem da nicht von der Vorsehung oder von wem oder was auch immer geholfen wird, ist das nicht zu schaffen. Das Einzige, was man diesbezüglich vorbeugend unternehmen kann, ist, in Bands zu spielen. Und zwar in so vielen wie nur irgend möglich, damit man dann schließlich, wenn es soweit kommt und man zufällig zur richtigen Zeit am richtigen Ort steht, auch einigermaßen gewappnet ist und ein paar Grundvoraussetzungen mitbringen kann, um Einzug in die Rock’n’Roll Geschichte halten zu können. 

Ich habe mir mal die Mühe gemacht und nachgesehen, wie viele es in meinem Fall bisher waren, und erstaunlicherweise sind mir trotz des Nebels der Zeiten, angefangen bei den Jugendsünden von 1974 bis jetzt, sogar die Namen der meisten Combos noch geläufig:

Von 

- Testperson  

- Passenger 

- Jack Whitlow Band 

- Niet Futura Und Die Räuber Der Letzten Hoffnung 

- Barock 

- Maniac 

- Formel Eins

- Brösäla 

- Threez Enough 

- The Chain Gang 

- Number Nine (wenn auch nur für einen Gig) 

- Phoenix  

- The Guitar Fight Night  

- Hale Bopp 

- Bamberg Allstars  

- Lisa O’Kane  

- Frank Diez Band  

- Donny Vox  

- Phil Collins Tribute Band  

- Purple Shades 

- Wulli & Sonja  

- Eric Clapton Tribute Band  

- Steve Lauer Band 

- Rock Of Fame  

 

- Fire 

- Saitenspinner 

- CHP  

- The Space Truckers  

- BAF  

- Hüttenpower  

- Whitefake  

- Modern Drinking  

- The Long Lost Hippies  

- B&O  

- Florian Opahle’s Blues Project  

- Paul Reed Smith 

- Thomann Allstars 

- Hardin : Porzel  

- Hardin : Fenwick Band 

- Hardin & York 

über

- Studioproduktionen als Sänger für 1860 München den Club (1.FC Nürnberg), für

- Amon Ra’s neue Scheibe „We Never Said  Good Bye“ 

und last not least bis zur  

- Pödeldorfer Jugendblaskapelle

ist es ein  langer Weg. 


Alles in Allem dürften das inklusive der Formationen, die ich vergessen habe oder an die ich mich nicht erinnern will, an die fünfundvierzig bis fünfzig Kapellen sein, und ich halte es mir zugute, dass selbige eine weniger robuste Natur wohl längst ins Narrenhaus gebracht hätten. 

Warum ich da bisher noch nicht gelandet bin?

Nun ja, man muss, um eine weitere Grundvoraussetzung für das Bestehen in diesem seltsamen Geschäft zu nennen, sich vor allem den Spaß an der Sache bewahren, dazu den nötigen tiefschwarzen Humor und einen gesunden Abstand zu sich selbst. Beziehungsweise zu dem, was der Rock’n’Roll und die schreibenden Helden der lokalen Tagespresse andauernd aus einem machen möchten. Das ist mir, denke ich, bisher gelungen, wenn ich auch oft nicht so aussehe. 

Aber ich hab eben nun mal nur dieses eine Gesicht, was soll ich machen…

 

Man hat mir in meiner Zeit als junger Mensch eingeimpft, dass ein Mann drei Dinge im Leben vollbringen muss: Eine Eiche pflanzen, ein Haus bauen und einen Sohn zeugen. Bei Musikern ist das in abgeänderter Form von der Verpflichtung her ähnlich: Ein Musiker muss in mindestens vierzig lokalen Bands gespielt haben, dann in einer Formation, die in den Sechzigern einmal die Beatles von Platz Eins verdrängt hat, und er muss eine CD mit vorwiegend eigenen Stücken aufgenommen haben. Das alles habe ich tatsächlich geschafft. 

Zugegeben, letzteres war ein Unterfangen, das in dieser Form und in seinem Entstehungsprozess seinesgleichen sucht und mich beinahe die Türschwelle zur Nervenheilanstalt hätte überschreiten lassen: Drei Studiowechsel, zwanzig handverlesene Freunde und Kollegen, fünf Toningenieure, vier Jahre Organisationskrieg  und letztendlich mein gesamtes Erspartes waren erforderlich, um das Geschriebene ohne Unterstützung einer Plattenfirma und in kompletter Eigenregie auf Band zu bringen. Aber ich habe es durchgezogen.

So hat sich das, kurz, bündig und in Eile niedergeschrieben, zugetragen in den vergangenen vierzig Jahren. Als die Welt noch groß, die Musik den Menschen etwas wert und die Träume unendlich waren

 

Im Moment stehe ich wie viele andere gleichaltrige oder ältere Kollegen vor einer seltsamen Gesellschaft, deren einziger Bezug zur Musik der der Assoziation zum jung sein ist. Mit anderen Worten: Es ist meist die Nostalgie, die die Leute ab 25 auf Konzerte zieht, nicht das Interesse an der Musik. Die Leute verlangen ewige Jugend, das Alter vergeben sie einem nicht. Aber das ist mir völlig wurscht. Es gibt da nämlich eine kurze, bündige und treffende Definition der Branche, in der ich mich bewege und in der ich lebe, welche sich die ewig Maulenden und die nie Zufriedenen, die Lokalredakteure und die Musikerpolizei, die Spießer in ihren Bierzelten und die Intellektuellen hinter ihren Feuilletonschreibmaschinen, diejenigen, die glauben, gestern Abend die Musik erfunden zu haben und seitdem das Maul nicht mehr zukriegen, hinter die Löffel tätowieren lassen sollten:

ROCK’N’ROLL IST, WENN MAN’S TROTZDEM MACHT!

Und so soll es sein. Ich harre der Dinge, die da noch kommen werden. Dieses Leben wird mit Sicherheit noch sehr, sehr lustig.

 

In diesem Sinne!

 

Mit grüßlichen Freuden

 

Steff